Montag, 22. Februar 2010

Long time no see...

Hallo zusammen, lang ists her, dass ich das zum letzten Mal aus St. Petersburg berichtet habe, dafür gibt es dann heute aber umso mehr Info ;) Seit gut 2,5 Wochen ist unsere kleine WG jetzt komplett - nach der Finnin Jaana sind einen Tag später auch Simone und Julia aus Deutschland angekommen.
Am Montag, den 8.2.10 sollte dann auch der Uni-Alltag beginnen. Wir hatten gleich zu Anfang einen Einstufungstest für den Russischunterricht, der mich in die schwerste Gruppe verdonnert hat - Slowaken, die fließend Russisch sprechen, weil Slowakisch und Russisch sehr ähnlich ist, Mädls bei denen jeweils die Mutter aus Russland kommt, ein Deutsch-Russe, ein Franzose, der seit 10 Jahren Russisch lernt und ein Deutsch-Russe. Oft bin ich echt überfordert und nahe am verzweifeln, zwar verstehe ich doch schon einiges, aber selbst etwas sagen ist einfach soooo schwer. Auch hatte ich schon daran gedacht, die Gruppe zu wechseln, aber meine Lehrerin meinte, ich solle auf jeden Fall probieren, bei ihr zu bleiben, wenn es mich nicht komplett unglücklich machen würde, da ich am Ende des Semesters viel mehr davon hätte. So habe ich beschlossen, dass ich mich durchbeißen werde und ... und zu lernen, dass nicht immer alles perfekt läuft, so wie man es sich vorstellt und wünscht, ist auch eine wertvolle Erfahrung.

Am Donnerstag, 11.02.10 fand dann eine "Get toghether Party" statt - jede Nation bereitete typische Speisen und Getränke zu und stellte ihr Land vor.
Julia, ich, Simone (von vorne nach hinten) schenken bayr. Bier ein, dazu gab es Kartoffelsalat und Würstchen

Im Anschluss ging es dann - alle gemeinsam - in einen Club im Zentrum.

Am Samstag darauf hatte die Uni für uns eine Bus-Stadtrundfahrt am vormittag organisiert. Nach knapp 2 Stunden, total mit Informationen überflutet, könnten Simone und ich uns eine russische heiße Schokolade zur Entspannung (aufmerksame Verfolger wissen, was ich meine). Dann machten wir uns auf den Weg in ein Shoppingcenter im Süden der Stadt, da wir wussten, dass es dort u.a. einen H&M und Esprit gab. Der Weg dahin war recht abenteuerlich, ich wusste nur, welchen Bus wir nehmen konnten, allerdings hatte ich keine Ahnung, wie weit es bis dahin war. Nach einer guten Stunde kamen wir dann doch an - durchgefroren vom Platz neben der Türe aber sehr aufgeregt, was uns erwarten würde.
Am Eingang stand ein Kinderkarussell, das unsere Aufmerksamkeit besonders beansprucht hat, aber schaut selbst:

Sehr ihr auch, was wir gesehen haben??? Staubwedel?!?!?!??! Wie wir später heraufinden sollten, scheinen alle russischen Karussellpferde mit bunten Staubwedeln auf dem Kopf geschmückt sein, so dass wir sie "dusty" tauften ;)

Nach guten 8 Stunden Powershopping statteten wir dem übertrieben großen Mega-Supermarkt einen Besuch ab. Dort gab es alles, was das Herz begehrt - sogar Vitalis Müsli, Nesquick und normales Brot, frischen Käse, Apfelmus (nein Oma, nicht so gut wie deins...) und und und... Um von einem Ende zum anderen zu gehen, brauchte man gefühlte 10 Minuten :)

Am 14.02.10, Karnevalssonntag, Valentinstag und was auch sonst noch alles an diesem Tag auf der Welt gefeiert wird, stand bei uns ein Fest zur "Winteraustreibung" (масленица) auf dem Programm.
Mit dem Bus fuhren wir 1,5 Stunden Richtung Norden zur Finnischen Bucht in einen Park. Das Meer ziemlich weit zugefroren, sodass wir auf dem Eis spazieren gehen und Fotos machen konnten.


... für unsere Lieben zu Hause :)



Schattenspiele auf der Eisfläche der Finnischen Bucht (v.links n. rechts: Simone, ich, Elena)


ein Snowboarder wird von einem JetSki gezogen

Das Fest an sich fand in dem Park statt, es gab russische Pfannkuche, Tee und ein Programm für Kinder. Alles in allem war es ein schöner Ausflug, der allerdings ein wenig lang war, denn es war ja doch recht kalt draußen, da hat sogar kein Vodka zum Wärmen mehr geholfen.

Die nächste Woche stand zunächst wieder unter dem Motto: "Vorlesungen". Allerdings nur bis Mittwoch ;) Denn am Donnerstag hatte Jaana Geburtstag, so dass wir ein wenig reinfeierten. Für den Donnerstag Abend hatte Jaana ein paar Getränke und Süßigkeiten besorgt und später gesellten wir uns dann zu den Amerikanern, die ein BeerPong-Turnier organisiert hatten und kräftig am feiern waren.
Am Freitag hieß es ausruhen und da wir alle zu faul zum kochen waren, testeten wir wieder mal die Sushi Bar ganz in der Nähe. Nach dem Faulenzer-Tag machten Simone und ich uns zusammen mit Petr aus Tschechien auf ins russische Museum. Alles in allem war es dort ganz nett und interessant, ein zweites Mal dort hinzugehen ist allerdings nicht nötig ;)

Am Abend ging es dann wieder auf in die Stadt. Wir gingen mal wieder in den Western-Saloon-Club, doch schon nach kurzer Zeit ging der größte Teil der Gruppe in eine andere Disco, da die Musik teilweise sehr Russisch war. Simone und ich genehmigten uns allerdings noch einen "отвёртка" (ausgesprochen: ATVIORKA = Schraubenzieher = Vodka-Orangensaft). Später nahmen wir ein Taxi in einen anderen Club und trafen dort ein paar bekannte Gesichter aus dem Wohnheim. Ein persönliches Highlight für mich an dem Abend waren die Verhandlungen mit den Taxifahrern. Sobald die nämlich merken, dass wir keine Russen sind, verlangen sie unverschämt hohe Preise. Doch irgendwie haben es Simone und ich geschafft, normale Preise auszuhandeln - auf Russisch!!! Zwar geht es da nur um 1 oder 2€, aber viel größer war das sprachliche Erfolgserlebnis :)


Ja jetzt seid ihr wieder auf dem neusten Stand und ich werde mich mal wieder dem "socializing" widmen - unter Leute gehen, quatschen und mal an die Abendgestaltung denken - immerhin haben wir ja morgen auch noch frei, denn der 23. Februar ist der "Tag des Verteidigers des Vaterlandes" - inoffiziell ist es auch der "Tag des Mannes" ;)
Für heute Abend ist eine riesen Party geplant, denn unsere Uni feiert ihr 111-jähriges Jubliäum und hat deshalb für ihre Studenten eine Disco gemietet. Die Eintrittskarten liegen schon auf unseren Schreibtischen ;)

In diesem Sinne... macht es gut und bis bald!!!

Mittwoch, 3. Februar 2010

Vom Leben der St. Petersburger...

Nach einem chilligen (Papa, hoffe du hast nicht vergessen, was das heißt ;) ) Wochenende war der Anflug einer Grippe nach viel Schlaf und Nichtstun wieder auskuriert.

Für Montagabend hatte mich Anna (meine Ansprechpartnerin hier, die mich ja bereits vom Flughafen abgeholt hat und mir bei meinen ersten Schritten in St. Petersburg hilfreich zur Seite stand) zu sich nach Hause zum Essen eingeladen. Es gab Borsch (борщ), eine typische russische Suppe aus roter Beete, Möhren, Kartoffeln, Tomaten und Rindfleisch und und und... Außerdem gibt man einen guten Löffel Schmand (сметана) zu jedem Teller. Schmand ist ein fester Bestandteil der russischen Küche. Die Suppe war wirklich hervorragend!!!




Die meisten St. Petersburger leben in Hochhäusern am Rande der Stadt. Diese Wohnblocks umfassen unzählige Wohnungen, es war schwer auch nur annähernd einzuschätzen, wie viele Leute dort wohnen. Viele der Hochhäuser sind unglaublich alt, grau und herabgekommen. Umso überraschter war ich, als ich die schöne Wohnung von Annas Familie betrat. Alles war modern, moderne Möbel und eine neu aussehende Küche. Es war alles ein wenig beengt, so ist zum Beispiel das Wohnzimmer eher das "Kinderzimmer" für Annas Bruder. Ein Wohnzimmer, wie wir es kennen, gibt es nicht. Anna und ihre Familie luden mich ein, über Nacht bei ihnen zu bleiben. Der Vater war auf Geschäftsreise, sodass ich in Annas Zimmer schlafen könne, die sich so wiederum ins Schlafzimmer zu ihrer Mama legen würde. Zuerst lehnte ich ab, ich wollte ja nicht gleich ihre tolle Gastfreundschaft voll in Anspruch nehmen. Doch dann wurde es immer später, es war ein so nettes Beisammensein und zudem lud Annas Mama uns für den nächsten Morgen ein, sie auf ihrer neuen Arbeit zu besuchen, dass ich doch für eine Nacht in einer richtigen russischen Wohnung in einer richtigen russischen Familie blieb.

Nach einer kurzen Nacht machten Anna und ich uns also auf dem Weg zu dem Kindergarten, in dem ihre Mama arbeitet. Ich muss euch ehrlich sagen: jedes Kind sollte einen solchen Kindergarten besuchen!!! Da in dem Wohngebiet momentan lauter neue Hochhäuser gebaut werden, war auch der Kindergarten komplett neu. In 12 Gruppen werden dort jeden Tag, von 7-19h insgesamt rund 220 Kinder (2-7 Jahre alt) betreut. Jeden Tag bekommen sie dort Frühstück, Mittagessen, Zwischenmahlzeiten und Abendessen. Dafür zahlen die Eltern ca. 15€ im Monat. In russischen Kindergärten ist es außerdem normal, dass die Kinder ein Mittagsschläfchen machen (abhängig vom Alter zwischen zwei und drei Stunden). So hat jede Gruppe ihren eigenen Schlafsaal mit ca. 20 kleinen Bettchen. Alles war sehr liebevoll eingerichtet!!! Außerdem gibt es in jedem Kindergarten einen kleinen Turnsaal und einen Musiksaal zum Singen und Musizieren.

Dieser Kindergarten bietet allerdings noch viel mehr:
• einen Mini-Swimmingpool
• einen kleinen Raum (dessen Wände komplett mit Salz ausgestattet waren und in dem eine Musikanlage eingebaut war) in dem sich erkältete Kinder bei ruhiger Musik auskurieren, entspannen und erholen könne
• einen unglaublich großen Spielplatz mit vielen Spielgeräten
• einen Malraum
• einen Gymnastikraum mit Mini-Laufbändern, Mini-Steppern, einem Bällchenbad... und und und

Oh man, ihr hört schon, ich bin vollkommen hin und weg von dem Kindergarten. Ein Kind, das da nicht hingehen möchte, kann ich mir nicht vorstellen.
Der Anblick von den vielen Kindern, die mit ihren roten Wangen gerade aus der frischen Luft vom Spielen hereinkamen und hungrig auf ihr Essen warteten oder die 2-Jährigen, die uns verschlafen mit ihren großen Augen angeschaut haben, als wir einen Blick in ihren Spielraum geworfen haben, war einfach toll! So viele fröhliche Gesichter :)

Zum Abschied luden Anna und ihre Familie mich dann gleich wieder für einen weiteren „russischen Abend“ ein, an dem sie mir zeigen wollen, wie man Sirniki (Сырники) kocht. Siriniki sind Quark-Hüttenkäse-Pfannkuchen und in einer Art russischem Fast-Food-Restaurant haben sie schon gut geschmeckt. Ich vermute sehr stark, dass sie selbstgemacht allerdings noch um einiges besser sind!!!

Gestern Nachmittag ging es dann mit Amy zum IKEA-Shopping-Center, wo ich mir „russische Winterstiefel“ kaufte, sprich "Highheel-boots". Darauf zu gehen ist unter normalen Umständen schon nicht leicht, das ganze im Schnee war dann die Herausforderung des heutigen Tages. Ich habe keine Ahnung, wie ich den Tag überstanden habe (v.a. ohne im Schnee auszurutschen) aber immerhin sitze ich gerade gesund und munter an meinem Schreibtisch.

Außerdem ist heute meine Zimmernachbarin angekommen. Sie ist aus Finnland und scheint sehr nett zu sein!!! Bin schon gespannt, wie die nächsten Tage werden, vor allem die nächste Woche, in der wir die ersten Vorlesungen und Professoren kennenlernen.

In diesem Sinne wünsche ich euch aus der Ferne noch einen schönen und ruhigen Abend und zwei letzte angenehme Wochentage, bevor das Wochenende auch schon wieder vor der Türe steht :) !!! Bis ganz bald meine Lieben!!!